Schulverfassung
Verfassung für das Luitpold-Gymnasium Wasserburg a. Inn
Präambel
„Alle Menschen streben von Natur aus nach Wissen.“ [i] Diesem Drang des Menschen verdanken wir den Fortschritt in Wissenschaft und Technik, aber auch die großen Werke in Philosophie, Theologie, Literatur, Kunst und Musik. Schule ist dazu da, dieses Streben nach Wissen zu unterstützen, die Freude am Lernen und am Wissen auszubilden, Interesse zu wecken, Talente zu entdecken und zu fördern und Kompetenzen fürs Leben zu vermitteln.
„Der Mensch ist von Natur aus ein Gemeinschaftswesen.“ [ii] Eine demokratische Gesellschaft lebt vom Engagement des Einzelnen und vom Miteinander. Auch Schule als Ort des Lernens kann nur im Miteinander gelingen. Eine freundliche, menschliche Atmosphäre sowie die Bereitschaft jedes Einzelnen, sich aktiv in die Gemeinschaft einzubringen, stärken die Freude an der gemeinsamen Tätigkeit im Schulalltag und ermöglichen allen Beteiligten die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit. So wird Schule zu einem Ort der vielfältigen Gestaltung und des lebendigen Austauschs. An unserer Schule wollen wir diese beiden Anliegen im Lehren und Lernen verwirklichen.
Deshalb geben sich die Schülerinnen und Schüler [iii], die Eltern und Erziehungsberechtigten, die Lehrerinnen und Lehrer und alle an der Schule Beschäftigten gemeinsam diese Verfassung für das Luitpold-Gymnasium-Wasserburg. Durch diese Verfassung wollen wir unser Zusammenleben an der Schule gestalten. Dabei sind wir uns bewusst, dass unsere Verfassung weder das BayEUG noch die GSO ersetzen kann.
Aufbauend auch auf dem Grundsatz der UN-Charta, „Jedes Kind hat das Recht auf eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung.“ [iv], sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass folgende Grundsätze unsere Gemeinschaft prägen sollen:
1. Verantwortung
2. Wohlfühlen
3. Sicherheit
4. Lernkultur
Ich bin mir bewusst, dass Gewaltverzicht, Hilfsbereitschaft, Toleranz und Verantwortungsbewusstsein wichtige Grundlagen einer harmonischen Schulgemeinschaft sind und ich werde mich für die Einhaltung dieser Verfassung einsetzen.
Erster Abschnitt
ICH WILL VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN
Artikel 1
Verantwortung für mich selbst
Das bedeutet, dass ich meine Entscheidungen bedenke und bereit bin, für mein Handeln einzustehen. Ich bringe mich und meine Fähigkeiten ins Schulleben ein.
Artikel 2
Verantwortung für die anderen
Ich begegne allen Menschen mit Rücksicht, Achtung, Ehrlichkeit, Offenheit und Vertrauen und respektiere ihre Würde. Ich setze mich ein für Gerechtigkeit, freie Meinungsäußerung und Gewaltfreiheit.
Artikel 3
Verantwortung für meine Umwelt
Mit den mir anvertrauten Gegenständen gehe ich sorgsam um und leiste meinen Beitrag zu einer sauberen Schule. Ich bin den Grundsätzen des Umweltschutzes verpflichtet.
Zweiter Abschnitt
ICH WILL MICH WOHLFÜHLEN
Artikel 4
Unser Umgang miteinander
(1) Alle wünschen sich einen rücksichtsvollen und menschlichen Umgang miteinander.
(2) Mein Ziel ist es, tolerant zu sein. Wie ich von jedem anderen Respekt erwarte, so respektiere ich andere. Respekt vor dem Anderen bedeutet nicht, jede Meinung zu übernehmen oder zu akzeptieren. Respekt erfordert auch den Mut, menschenverachtenden Meinungen und Handlungen entschieden entgegen zu treten. Die beiden Fähigkeiten, mit Kritik sachlich umzugehen und Kritik sachlich äußern zu können, sind mir sehr wichtig, weil sie Voraussetzungen für eine freie und demokratische Gesellschaft sind.
(3) Ich bin grundsätzlich freundlich und hilfsbereit und verzichte auf jede Art von Gewalt, wie Beleidigungen, Provokation, Mobbing usw. Dies gilt sowohl im direkten persönlichen Umgang miteinander, als auch bei Zuhilfenahme jeglicher moderner Kommunikationsformen (Telekommunikation, Internet, SMS usw.). Konflikte spreche ich offen an und versuche mit den Beteiligten eine Lösung zu finden. Hilfe dabei bieten folgende Institutionen: Klassensprecher, Klassleiter, Konfliktmediatoren, Klassenrat, Verbindungslehrer, Schulleitung und Elternbeirat.
(4) Wir bemühen uns um Gerechtigkeit und gehen fair miteinander um. Niemals dürfen Leistungseinschätzung und Notengebung die gegenseitige Wertschätzung untergraben.
Artikel 5
Mein individueller Beitrag zum Ganzen
(1) Ich will dazu beitragen, dass an unserer Schule jedem konstruktive Kreativität ermöglicht wird.
(2) Kreativität ist verbunden mit der Neugierde, Neues zu lernen und mit der Bereitschaft, sich Bildung anzueignen. Damit ich dieses Ziel in der Gemeinschaft auch umsetzen kann, versuche ich innerhalb des geordneten Schullebens einen engagierten Beitrag zu leisten.
(3) Dabei ist gegenseitige Unterstützung, je nach Bedarf individuell oder als Teil einer Gruppe, erforderlich.
Artikel 6
Der Lebensraum Schule als Teil der Gesellschaft
(1) Ich gehe verantwortungsvoll mit Schuleigentum und mit fremdem Eigentum um. Ich bin bereit, den Lebensraum Schule aktiv und kreativ mitzugestalten.
(2) Unsere Schulaktivitäten werden von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Dabei ist es unser Ziel, dass unsere Schulgemeinschaft als eine harmonische und erfolgreiche Lerngemeinschaft angesehen und gewürdigt wird.
(3) Ich habe die Gelegenheit, mich aktiv am Schulleben zu beteiligen und unterstütze, im Rahmen meiner Möglichkeiten, öffentliche Veranstaltungen an unserer Schule, sowie Kontakte, Projekte und Partnerschaften mit anderen Schulen.
Dritter Abschnitt
ICH WILL MICH SICHER FÜHLEN
Artikel 7
Gefahren erkennen, vermeiden und in
Gefahrensituationen helfen
(1) Ich verhalte mich achtsam und umsichtig, um Selbstgefährdung und die Gefährdung anderer zu verhindern.
(2) Eigenverantwortung und Verantwortungsbewusstsein für andere und für die Gemeinschaft erfordern meinen Mut zum Hinschauen, Eingreifen und Hilfe holen, wenn Mitschüler gefährdet sind.
Artikel 8
Gewalt verhindern
(1) Ich lehne nicht nur körperliche Gewalt, sondern jede persönliche wie auch virtuelle Form der Verletzung, Verspottung und Herabwürdigung in Wort, Schrift oder Bild ab.
(2) Ich bemühe mich um Selbstbeherrschung und Selbstkontrolle, aber auch darum, mich in andere hineinzuversetzen und deren Gefühle zu respektieren.
(3) Wenn ich psychische oder physische Gewalt beobachte, zeige ich Zivilcourage, damit die Eskalation von Konflikten verhindert werden kann.
Vierter Abschnitt
ICH WILL UNGESTÖRT LERNEN UND ARBEITEN KÖNNEN
Artikel 9
Unterrichtsverlauf
(1) Ich halte die Unterrichtszeiten sowohl als Schüler als auch als Lehrer ein.
(2) Ich störe den Unterricht nicht durch Fremdbeschäftigung und bin freundlich zu Mitschülern und Lehrern.
(3) Ich gehe mit Lehr- und Lernmitteln sorgsam um und achte darauf, alle notwendigen Unterlagen, Bücher und Schreibutensilien vollständig bei mir zu haben.
(4) Beim Stundenwechsel verhalte ich mich ruhig, um andere nicht zu stören.
Artikel 10
Unterrichtsqualität
(1) Ich halte mich als Schüler an die Vorgaben der Gymnasialen Schulordnung, als Lehrer an die Lehrerdienstordnung.
(2) Als Lehrer achte ich darauf, Hausaufgaben regelmäßig, klar formuliert und vor Ende der Unterrichtsstunde zu stellen, sie zu kontrollieren und zu besprechen.
(3) Als Lehrer verpflichte ich mich, den Unterricht gewissenhaft und sorgfältig zu planen und alle Prüfungsaufgaben fair zu stellen.
(4) Als Schüler erledige ich alle Hausaufgaben – auch mündliche Aufgaben und Wiederholungen – zuverlässig und genau.
Artikel 11
Gesprächskultur
(1) Ich höre zu, lasse andere ausreden, bin ruhig, wenn ein anderer spricht, nehme die Beiträge anderer ernst und spreche laut und deutlich.
(2) Als Lehrer bemühe ich mich besonders darum, auf Fragen der Schüler einzugehen.
(3) Als Schüler versuche ich, zum Thema passende Beiträge zu liefern.
(4) Ich vermeide verletzenden Zynismus.
Artikel 12
Prüfungssituationen
Während aller Prüfungen verhalte ich mich ruhig und diszipliniert und stelle Verständnisfragen nur in dringenden Fällen.
Artikel 13
Abschließende Vereinbarungen
(1) Die am Luitpold-Gymnasium Wasserburg gültige und vom Schulforum beschlossene Hausordnung ist Teil dieser Verfassung.
(2) Diese Verfassung tritt in Kraft, wenn die Lehrerkonferenz, der Elternbeirat, die Klassensprecher-Versammlung und das Schulforum sie jeweils mit 2/3 Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder beschließen.
(3) Änderungen dieser Verfassung werden wirksam, wenn die oben genannten Gremien den Änderungen jeweils mit 2/3-Mehrheit gemäß Abs. 2 zustimmen.
[i] Aristoteles, Metaphysik, I, 980a2 l. Zusammen mit dem Christentum liefert die griechische Antike die Grundlage unserer heute bestehenden Werteordnung. In dieser geistesgeschichtlichen Tradition stehend, berufen wir uns auf den griechischen Philosophen Aristoteles, der den Menschen als Gemeinschaftswesen in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellte.
[ii] Vgl. Aristoteles, Politik, I, 1253a1
[iii] In dieser Verfassung werden nicht immer die weiblich und die männliche Bezeichnung für Mitglieder der Schulgemeinschaft verwendet. Wenn dies geschieht, so ist damit stets die geschlechtsneutrale Bezeichnung (Schüler als Oberbegriff für männliche und weibliche Schüler) und keine geschlechtsspezifische Einschränkung gemeint. Dieses Verfahren wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit des Verfassungstextes gewählt.
[iv] UN-Charta der Kinderrechte, Artikel 2